Bereichsleiterin Anna E. Thieser (links) und JEB-Ansprechpartnerin Bernadette Dick stehen jungen Müttern und Vätern bei Fragen zur Seite. Foto: Theresa Siedler | Caritas
Würzburg, 13.07.2023. Über viele Jahre eine Maßnahme auf der rechtlichen Grundlage des SGB II/SGB III ist „JEB – Junge Eltern und Berufsausbildung“ seit Kurzem wieder ein offenes Beratungsangebot des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Würzburg. Bernadette Dick begleitet das Angebot von den Anfängen 2008 bis heute.
Wenn eine Frau ein Kind erwartet, kann dies ganz unterschiedliche Gefühle auslösen. Entscheidend dafür sind nicht zuletzt die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, in denen eine Schwangerschaft entsteht. So erschwert sich in dieser Lebenssituation oder in den ersten Lebensjahren mit Kind beispielsweise vielfach das Absolvieren einer Ausbildung. Dann kommt Bernadette Dick ins Spiel. Sie begleitet das offene Beratungsangebot „JEB – Junge Frauen und Berufsausbildung im SkF“ von Anfang an und berichtet über die oft noch wenig bekannte Unterstützungsmöglichkeit.
„JEB unterstützt bei der Vereinbarkeit von Kind und Ausbildung – und das in jeder Phase und bei jedem in den für die Vereinbarkeit von Kind und Ausbildung relevanten Thema“, so beschreibt Bernadette Dick das Beratungsangebot „Junge Eltern und Berufsausbildung im SkF“. Schwerpunktmäßig werden hier Eltern in Erziehungsverantwortung unterstützt, die sich für ein Kind entschieden und noch keinerlei Ausbildung gemacht haben. „Hier setzen wir an“, erklärt Dick. Aber auch Klientinnen, die beispielsweise während ihrer Ausbildung schwanger werden und dazu Fragen haben, seien jederzeit herzlich willkommen, fügt sie hinzu.
Dass junge Mütter und Väter ohne Berufsausbildung oftmals Unterstützung benötigen, bestätigen auch offizielle Zahlen, erklärt Anna E. Thieser. Sie ist Bereichsleiterin im SkF und als Referentin für den Fachbereich der Schwangerschaftsberatung tätig. „Von den über 1.000 Ratsuchenden, die Jahr für Jahr die Schwangerschaftsberatung im SkF e.V. Würzburg aufsuchen, haben rund 50 Prozent keine Berufsausbildung. Dies spiegelt sich genauso in den Landes- und Bundesstatistiken. Dies zeigt, dass Elternsein und Berufsausbildung schwer zu überwindende Hürden mit sich bringt. Das ist erschreckend“, bemängelt sie.
Unterstützung in vielen Bereichen
JEB greift hier den jungen Eltern unter die Arme. Ziel sei es, dass sich Mütter und Väter in ihrer Situation nicht davor scheuen, eine Berufsausbildung zu beginnen und dass sie erkennen, dass sich Elternschaft und Ausbildung sowie die sich anschließende Ausübung des erlernten Berufs realisieren lassen, so Dick. Bereichsleiterin Thieser kann dem nur zustimmen: „Leider sind junge Frauen manchmal sehr verunsichert, wenn sie noch keine Berufsausbildung begonnen beziehungsweise abgeschlossen haben und ein Kind erwarten. Sie fragen sich dann oft: Habe ich eine Chance als Mutter jetzt noch einen Ausbildungsplatz zu finden?“ Hier müsse man ansetzen, denn die Erfahrung von JEB zeigt, dass Mütter und Väter mit ihrer Motivation und ihren Kompetenzen „goldwert“ für den Ausbildungsbetrieb und den späteren Beruf sein können. Man denke nur an wichtige Eigenschaften wie Organisationstalent, Strukturiertheit und vieles mehr. Insofern sei es für die beiden Diplom-Sozialpädagoginnen vom SkF im „doppelten Sinne“ wichtig, an dieser Stelle die Eltern zu unterstützen.
Durchgängige Begleitung durch JEB
„Inhaltlich geht es bei JEB um all die Themen, die nötig sind, damit Ausbildung und Kind gelingen kann“, berichtet Dick weiter über ihr Herzensprojekt. Dies seien ganz „nüchterne“ Dinge wie die Unterstützung bei der Berufsorientierung oder in großem Maße Fragen zur Kinderbetreuung. Ein wichtiger Punkt sei auch die Existenzsicherung und die Selbstwertstärkung der jungen Frauen und Männer sowie das Thema Teilzeitausbildung, weiß die erfahrene Diplom-Sozialpädagogin. Dass dieses Ausbildungsmodell eine echte Alternative für die Vereinbarkeit von Kind und Ausbildung sein kann, haben die JEB-Verantwortlichen schon früh erkannt. „Schon seit unseren Anfängen im Jahr 2008 setzen wir uns verstärkt für die Möglichkeit, eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, ein“, sagt Dick. Man sei sehr froh darüber, dass sich in diesem Bereich über die Jahre hinweg viel zum Positiven verändert hat.
Ist der Einstieg in die Berufsausbildung geschafft, lässt Dick, die für Ratsuchende erste Ansprechpartnerin bei JEB ist, ihre Klientinnen und Klienten natürlich nicht allein. „Wir sind auch in der Ausbildung und nach dem Ausbildungsende im Übergang in die Arbeit mit dabei“, stellt sie klar. Dies sei vor allem deshalb wichtig, weil den jungen Müttern, die die Beratungsstelle im SkF aufsuchen, häufig der familiäre Rückhalt oder die entsprechende Ressource fehlt. Als Orientierungshilfe für die Ratsuchenden und für Dick werden alle Inhalte und Vereinbarungen der Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Kontrakt festgehalten.
Anna E. Thieser ergänzt: „Mit dem offenen Beratungsangebot, das JEB sei Kurzem wieder ist, haben wir die Möglichkeit, unsere Ratsuchenden in jeder Phase vor, während und nach der Ausbildung zu begleiten.“ Dies sei ein echter Vorteil. Klar ist deshalb auch, alles geschieht auf freiwilliger Basis, ist kostenlos und die inhaltliche Arbeit orientiert sich immer am Bedarf der Klientinnen und Klienten.
Ausbildungsbetriebe mit ins Boot holen
Neben der Unterstützung der jungen Eltern hat JEB-Beraterin Dick auch für die Ausbildungsbetriebe ein offenes Ohr. „Wir gehen gerne mit den Ausbildungsbetrieben in den Kontakt und informieren beispielsweise darüber auf, was es mit einer Teilzeitausbildung auf sich hat“, sagt sie. Sie würde sich darüber freuen, wenn noch mehr Betriebe über das Angebot einer Teilzeitausbildung nachdenken und auch aus eigenem Antrieb auf die Beratungsstelle zukommen würden, denn grundsätzlich sei diese Möglichkeit in jeder dualen Ausbildung möglich. Obwohl die Teilzeitausbildung im Gesetz auf freiwilliger Basis verankert ist, würden diese Möglichkeit noch zu wenige Arbeitgeber bieten. Und gerade in Zeiten des Fachkräftemangels könnte diese Option eine echte Chance für junge Auszubildende und auch Ausbildungsbetriebe sein, so Dick.
… und für die Zukunft?
Für die Zukunft wünschen sich die beiden Diplom-Sozialpädagoginnen vor allem eins – da sind sie sich einig: „Eine vermehrte Bewusstseinsbildung für das Thema wäre sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf politischer Ebene wünschenswert.“ Und Dick fügt noch hinzu: „Die Intension des SkF für die Unterstützung an dieser Stelle ist es, dass Elternschaft nicht einen Ausbildungsabschluss verhindert und Eltern auch beruflich ihren eigenständigen Weg ohne die Abhängigkeit von Transferleistungen gehen können.“
Unter dem Motto „Ausbildung ist möglich“ ist Bernadette Dick in der Beratungsstelle in der Würzburger Augustinerstraße für Ratsuchende sowohl telefonisch als auch per E-Mail zu erreichen. Und auch auf der Homepage des SkF finden sich viele weitere Informationen über JEB.
Theresa Siedler | Caritas