anlässlich des vom Bundeskriminalamt, Bundesministerium für Inneres und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgestellten Lagebilds zur häuslichen Gewalt in Partnerschaften und dem erneuten Anstieg von angezeigten Straftaten auch im Bereich der Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und bei sexuellen Übergriffen.
Kriminalstatistiken sind wichtig und zeigen Trends auf, vermitteln aber leider nur ein unzureichendes Bild von Gewalt gegen Frauen, denn der größte Teil dieser Straftaten wird von den betroffenen Frauen nicht angezeigt.
Der Grund ist nachvollziehbar: eine Anzeige erhöht häufig die Bedrohung und die Gefährdung durch den (Ex-)Partner und bedeutet leider oftmals nicht, dass die Frau Schutz und Sicherheit erfährt. Zudem sind die Ermittlungs- und Gerichtsverfahren oft sehr belastend, wenn die Frauen zum Beispiel unsensibel vernommen werden, mit Gegenanzeigen leben müssen oder die Kinder befragt werden und das gemeinsame Sorgerecht weiter besteht.
Wichtig sind daher speziell geschulte Kommissariate und Strafverfolgungsbehörden und verstärkte Sanktionen gegen die Täter. Vor allem aber brauchen die Betroffenen frauenspezifische Räume wie Frauenhäuser und Fachberatungsstellen. Hier finden sie Schutz und kompetente Unterstützungsangebote. Und sie finden Mitarbeiterinnen, denen sie vertrauen können und die gemeinsam mit ihnen persönliche und rechtliche (Schutz-)Maßnahmen für die Frauen und ihre Kinder entwickeln. Diese Angebote rechtlich abzusichern ist mindestens so wichtig wie polizeilicher Opferschutz.
Der Start der geschlechterübergreifenden Dunkelfeld-Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag Dunkelfeldsurvey“ ist zu begrüßen, weil so endlich niedrigschwellig Erkenntnisse über Gewalterfahrungen in (Ex-)Paarbeziehungen, zu sexualisierter Gewalt und zu Gewalt im digitalen Raum gewonnen werden, die nicht zur Anzeige gebracht werden. Ein besseres Gesamtbild wird hoffentlich die Entwicklung einer ressortübergreifenden politischen Strategie der Bundesregierung gegen Gewalt voranbringen und sowohl Gewaltprävention als auch die Rechte der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Aus frauenpolitischer Sicht sollte dabei in der Forschung und den abzuleitenden Empfehlungen die Geschlechterperspektive unbedingt berücksichtigt werden.
Renate Jachmann-Willmer
Vorstand Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)
Dortmund, 12.07.2023
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